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  • Fachkräftesicherung

28.9.16: Gesetzesentwurf CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz

Das Bundeskabinett hat am 21. September den Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Stärkung der nichtfinanziellen Berichterstattung der Unternehmen in ihren Lage- und Konzernlageberichten (CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz) verabschiedet.

Damit soll die EU-Richtlinie 2014/95/EU zur Angabe nichtfinanzieller und die Diversität betreffender Informationen durch bestimmte große Unternehmen und Gruppen (CSR-Richtlinie) in das deutsche Recht umgesetzt werden. Die Umsetzungsfrist der CSR-Richtlinie läuft bis zum 6. Dezember 2016.

Der Gesetzesentwurf sieht Änderungen der bilanzrechtlichen Vorschriften des HGB vor, um die Vorgaben der CSR-Richtlinie umzusetzen, und führt für bestimmte, insbesondere börsennotierte Unternehmen neue handelsbilanzrechtliche Berichtspflichten für nichtfinanzielle Informationen ein.
Für den Lagebericht und den Konzernlagebericht werden die in der CSR-Richtlinie vorgesehenen nichtfinanziellen Berichtspflichten durch die neuen §§ 289b bis 289e, 315b bis 315c HGB-E ergänzt. Darüber hinaus haben gemäß §§ 289f, 315d HGB-E bestimmte, insbesondere börsennotierte Unternehmen ihre (Konzern-)Erklärung zur Unternehmensführung durch Angaben zu den Diversitätskonzepten bei der Besetzung von Leitungsorganen der Unternehmen zu ergänzen, § 289f Abs. 2 Nr. 6 HGB-E.


Im Einzelnen:

1. Anwendungsbereich

Der Anwendungsbereich der Berichtspflichten erfasst große kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften, haftungsbeschränkte Personengesellschaften sowie große Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen mit mehr als 500 Arbeitnehmern. Betroffen sind damit Unternehmen, die eine Bilanzsumme von 20 Mio. € oder Umsatzerlöse von 40 Mio. € haben, und die zugleich die Zahl von 500 Arbeitnehmern überschreiten (§ 289b Abs. 1 HGB-E). Die Verpflichtung für Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen ergibt sich aus §§ 340a, 341a HGB-E. Große Kapitalgesellschaften im Sinne des § 267 Abs. 3 HGB bleiben verpflichtet, nichtfinanzielle Belange in ihren Lageberichten zu berücksichtigen (§ 289 Abs. 3 HGB).

2. Berichtsinhalt
Die neu eingeführte Berichterstattung umfasst eine kurze Beschreibung des Geschäftsmodells sowie Angaben zu Umwelt-, Arbeitnehmer- und Sozialbelangen, Achtung der Menschenrechte und zur Bekämpfung der Korruption und Bestechung (§ 289c Abs. 2 HGB-E). Nach § 289c Abs. 2 Nr. 2 HGB-E umfasst die nichtfinanzielle Erklärung Arbeitnehmerbelange, "wobei sich die Angaben beispielsweise auf die Maßnahmen,

  • die zur Gewährleistung der Geschlechtergleichstellung ergriffen wurden,
  • die Arbeitsbedingungen,
  • die Umsetzung der grundlegenden Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation,
  • die Achtung der Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, informiert und konsultiert zu werden,
  • den sozialen Dialog,
  • die Achtung der Rechte der Gewerkschaften,
  • den Gesundheitsschutz oder
  • die Sicherheit am Arbeitsplatz

beziehen können."
Sozialbelange gemäß § 289c Abs. 2 Nr. 3 HGB-E erfassen Angaben, die sich "beispielsweise auf den Dialog auf kommunaler oder regionaler Ebene oder auf die zur Sicherstellung des Schutzes und der Entwicklung lokaler Gemeinschaften ergriffenen Maßnahmen beziehen können."
Zu diesen Aspekten sind in der nichtfinanziellen Erklärung gemäß § 289c Abs. 3 HGB-E folgende Angaben zu machen:

  • Beschreibung der verfolgten Konzepte, einschließlich angewandter Due-Diligence-Prozesse, und deren Ergebnisse,
  • die wesentlichen Risiken, die mit der eigenen Geschäftstätigkeit verknüpft sind und die sehr wahrscheinlich schwerwiegende negative Auswirkungen haben oder haben werden, sowie die Handhabung dieser Risiken durch die Kapitalgesellschaft,
  • die wesentlichen Risiken, die mit den Geschäftsbeziehungen, ihren Produkten und Dienstleistungen verknüpft sind und die sehr wahrscheinlich schwerwiegende negative Auswirkungen haben oder haben werden, soweit die Angaben von Bedeutung und die Berichterstattung verhältnismäßig ist, sowie die Handhabung dieser Risiken (nach der Gesetzesbegründung sind davon auch wesentliche Angaben über die Lieferkette und die Kette von Subunternehmen, falls relevant und verhältnismäßig, erfasst),
  • die bedeutsamsten nichtfinanziellen Leistungsindikatoren und
  • soweit für das Verständnis erforderlich, Hinweise auf im Jahresabschluss ausgewiesene Beträge und zusätzliche Erläuterungen dazu.

Dabei sind Angaben zu berichten, die für das Verständnis des Geschäftsverlaufs, des Geschäftsergebnisses, der Lage der Kapitalgesellschaft sowie der Auswirkungen ihrer Tätigkeit erforderlich sind. Hat ein Unternehmen kein Konzept in Bezug auf die in §289c Abs. 2 Nr. 2 HGB-E genannten Aspekte, muss es dies klar und begründet erläutern (§ 289c Abs. 4 HGB-E).

3. Berichtsrahmenwerke
Unternehmen können bei der Berichterstattung nationale, europäische oder internationale Rahmenwerke nutzen (Wahlfreiheit). Im Falle einer freiwilligen Verwendung eines Rahmenwerks muss darüber in der nichtfinanziellen Erklärung ausdrücklich informiert werden (§ 289d S. 2 HGB-E).

4. Gesonderte nichtfinanzielle Berichte
Unternehmen haben die Möglichkeit, die nichtfinanzielle Erklärung nicht im Lagebericht, sondern als gesonderten nichtfinanziellen Bericht außerhalb der Lageberichterstattung vorzulegen, §§ 289b Abs. 3, 315b Abs. 3 HGB-E. In diesem Falle können sie diesen mit dem Lagebericht offenlegen oder auf ihrer Internetseite innerhalb von sechs Monaten nach dem Abschlussstichtag veröffentlichen. Für die gesonderten Berichte gelten grundsätzlich die gleichen Vorgaben wie für die nichtfinanzielle Erklärung im Lagebericht, insbesondere wird die Prüfung durch den Aufsichtsrat auch auf den gesonderten Bericht ausgeweitet (§§ 170, 171 AktG-E).

5. Berichterstattung durch Mutterunternehmen
Der Gesetzesentwurf sieht in §§ 289b Abs. 2, 315b Abs. 2 HGB-E vor, dass durch eine nichtfinanzielle Erklärung des Mutterunternehmens das Tochterunternehmen von der eigenen Berichtspflicht befreit wird.

6. "Safe harbour clause"

Unternehmen wird gemäß § 289e HGB-E gestattet, in eng begrenzten Ausnahmefällen bestimmte Informationen aufgrund sonst drohender erheblicher Nachteile von der Berichterstattung auszunehmen.

7. Auditierung
Der Abschlussprüfer muss gemäß § 317 Abs. 2 S. 4, 5 HGB-E prüfen, ob die nichtfinanzielle Erklärung oder der gesonderte Bericht vorgelegt wurde. Eine inhaltliche Prüfung wird nicht verlangt. Wenn ein Unternehmen allerdings die nichtfinanziellen Angaben freiwillig prüfen lässt, dann hat es gemäß 289b Abs. 4 HGB-E das Prüfergebnis zu veröffentlichen.

8. Angaben zu Diversity
In der Erklärung zur Unternehmensführung muss gemäß § 289f Abs. 2 Nr. 6 HGB-E eine Beschreibung des Diversitätskonzepts aufgenommen werden, das im Hinblick auf die Zusammensetzung des vertretungsberechtigten Organs und des Aufsichtsrats verfolgt wird, wie beispielsweise in Bezug auf die Aspekte Alter, Geschlecht, Bildungs- oder Berufshintergrund, sowie die Ziele dieses Diversitätskonzepts, die Art und Weise der Umsetzung und die erreichten Ergebnisse. Verfolgt ein Unternehmen kein Diversitätskonzept, hat es dies zu erläutern.

9. Straf- und Bußgeldvorschriften
Die bestehenden Straf- und Bußgeldvorschriften (§§ 331, 334, 340n, 341j und 341n HGB) werden auf Verstöße gegen die nichtfinanzielle Berichtspflicht erweitert. Hierbei erfolgt eine Erhöhung der maximalen Bußgeldhöhe für Verstöße gegen die in § 334 Abs. 1 HGB genannten Vorschriften von 50.000 € auf bis zu 10 Mio. €. Zudem besteht die Möglichkeit einer umsatz- und gewinnbezogenen Geldbuße.

10. Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Nach Angaben der Bundesregierung führen die neuen Informationspflichten insgesamt zu einem einmaligen Umstellungsaufwand von ca. 35,219 Mio. € und zu einem zusätzlichen jährlichen umsetzungsbedingten Erfüllungsaufwand von 10,794 Mio. €.


Bewertung:

Die Arbeitgeberverbände begrüßen den Ansatz des Gesetzesentwurfs zur grundsätzlichen Umsetzung der CSR-Berichterstattungsrichtlinie 1:1 in das deutsche Recht. Der Gesetzesentwurf sieht die Nutzung der erleichternden Öffnungsklauseln der Richtlinie vor, um den Unternehmen die notwendige Flexibilität bei der Berichterstattung über ihre soziale Verantwortung einzuräumen.

Es ist ferner zu begrüßen, dass die Bundesregierung zusätzliche Berichterstattungspflichten über Verbraucherbelange nicht aufgenommen hat und im Vergleich zu dem Referentenentwurf aus März 2016 die Verpflichtung zur Aufnahme eines Vorjahresvergleichs und eine Auswertung der Prognosen des Vorjahrs gestrichen hat. Die detaillierten Vorgaben zu den Aspekten der nichtfinanziellen Erklärung in § 289c Abs. 2 HGB-E und die Ausführung in der Gesetzesbegründung zu Angaben über die Lieferkette und die Kette von Subunternehmen sehen wir jedoch kritisch. Hier sollte kein "gold-plating“ betrieben, sondern die Richtlinie 1:1 umgesetzt werden.

Über den weiteren Fortgang werden wir Sie informieren.