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M+E-Tarifpartner vereinbaren Modernisierungspaket für den Flächentarif
Die Arbeitszeiten werden flexibler, die duale Ausbildung gestärkt, das Fahrradleasing ermöglicht.
Die Tarifvertragsparteien der norddeutschen Metall- und Elektroindustrie haben sich auf ein umfassendes Paket zur Modernisierung des Flächentarifvertrags und zur Stärkung der dualen Ausbildung geeinigt. Es beinhaltet tarifliche Rahmenregelungen zur Einführung von flexiblen Arbeitszeitkonten und eine Option, Nachtarbeitszuschläge in Zeit statt in Geld zu gewähren. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, die Wochenarbeitszeit in Mecklenburg-Vorpommern freiwillig unter Nutzung von Kompensationsmaßnahmen bis auf das Westniveau von 35 Stunden zu reduzieren. Die fast 130.000 Beschäftigten der Branche in Hamburg, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Bremen und dem nordwestlichen Niedersachsen erhalten zudem die Möglichkeit, Teile ihres Gehalts zum vergünstigten Leasing von Fahrrädern zu nutzen. Die Gremien von NORDMETALL und IG Metall Küste müssen diesem Paket noch zustimmen.
NORDMETALL-Verhandlungsführerin Lena Ströbele zeigte sich mit dem Ergebnis sehr zufrieden: „Wir haben nicht nur rechtzeitig unsere Hausaufgaben aus der vergangenen Tarifrunde gemacht. Wir haben ebenso demonstriert, dass Gewerkschaft und Arbeitgeber auch in schwierigen Zeiten handlungsfähig sind und selbst für komplexe Themen praxistaugliche Regelungen finden können. Damit tragen wir den Bedürfnissen beider Seiten und der großen Vielfalt in unserer Branche angemessen Rechnung. Das ist ein guter Tag für den Flächentarif und für die Sozialpartnerschaft.“ Mit dem Modernisierungspaket haben die Tarifparteien auf der einen Seite eine Reihe wichtiger Leitplanken und Verfahrensregeln eingezogen und gleichzeitig in der Ausgestaltung den Betriebsparteien die maximale Freiheit gewährt, lobte Ströbele. Bereits bestehende, gut funktionierende Systeme blieben erhalten.
Gerade beim Thema Arbeitszeit hätten Arbeitgeber und Gewerkschaft im Norden Neuland betreten, erklärte Ströbele, die auch NORDMETALL-Vizepräsidentin für Bremen ist. „Schon vor zwei Jahren haben wir begonnen, gemeinsam mit der IG Metall Küste und den Arbeitnehmer- wie Arbeitgebervertretern einiger Betriebe Zielbilder zu den Arbeitszeitfragen von heute und morgen zu entwickeln. Die viele Zeit und Energie, die wir in diesen Prozess gesteckt haben, trägt nun Früchte. Fühlte sich die gemeinsame Aufgabe am Anfang noch an wie die Quadratur des Kreises, so haben wir am Ende ein Ergebnis gefunden, von dem beide Seiten profitieren."
Den rund 250 Mitgliedsfirmen von NORDMETALL wird zum 1. September erstmals eine rechtssichere Möglichkeit eröffnet, gemeinsam mit dem Betriebsrat die Einrichtung von Arbeitszeitkonten zur flexiblen Verteilung der Arbeitszeit zu vereinbaren. Die Tarifparteien geben dabei lediglich vor, welche Eckpunkte betrieblich geregelt werden müssen, die konkrete Ausgestaltung ist Aufgabe von Betriebsrat und Arbeitgeber. „Fast alles geht, nur Weniges muss“, lobt Ströbele. „Das ist ein wichtiger Schritt hin zu größeren Spielräumen in der Arbeitszeit-Gestaltung, die unsere Betriebe gerade im Strukturwandel dringend benötigen und die in der gegenwärtigen unsicheren Wirtschaftslage hilft, Arbeitsplätze zu sichern.“ Damit werde auch dem Bedürfnis der Beschäftigten nach mehr Arbeitszeit-Souveränität Rechnung getragen, was die Arbeitsplätze bei M+E noch attraktiver mache.
Die in dem Paket vereinbarte Anhebung der Ausbildungsvergütungen zum 1. August 2022, mit der u.a. auch Fahrtkosten zur Berufsschule abgegolten werden sollen, wertete Ströbele als einen wichtigen Beitrag zur Stärkung der dualen Ausbildung in der Metall- und Elektroindustrie. „Es ist jetzt noch attraktiver geworden, den Berufseinstieg in unserer Branche zu machen. Die Vergütungen betragen nun schon im ersten Lehrjahr 1.097 Euro und steigen bis zum Ende der Ausbildung auf 1.191 Euro im Monat - das macht unsere Betriebe in Zeiten des Fachkräftemangels zu einem begehrten Arbeitgeber.
Auch für die bereits Beschäftigten enthalte das Tarifpaket einen attraktiven Baustein, betonte Ströbele: „Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können, falls Arbeitgeber und Betriebsrat sich einig sind, schon ab Mitte Juli Tarifentgelt zum vergünstigten Leasing von Fahrrädern nutzen. Diese Entgeltumwandlung entlastet die Beschäftigten nicht nur finanziell, sondern soll auch ein Anreiz zu mehr Bewegung und weniger Ressourcenverbrauch sein.“