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29.5.15: Konjunkturaussichten der Metall-Arbeitgeber: Von Aufschwung keine Spur
Der Konjunktur in der norddeutschen Metall- und Elektroindustrie fehlt es an Dynamik. Zwar spricht ein Drittel der Unternehmen von guten Geschäften, dieser Anteil verringert sich jedoch mit Blick auf das nächste halbe Jahr auf nur noch ein Viertel der Firmen.
Steigende Arbeitskosten und wachsende Regulierungswut der Großen Koalition würden dem Standort schaden und die Wettbewerbsfähigkeit gefährden. Dies teilten die "M+E-Arbeitgeber im Norden" mit. Das Bündnis von Nordmetall, AGV Nord und drei weiteren Arbeitgeberverbänden in Norddeutschland hatte in seiner Frühjahrsumfrage rund 600 Unternehmen mit gut 150.000 Beschäftigten um ihre Konjunktureinschätzung gebeten.
Die Umfragekurven zeigten seit drei Jahren eine nahezu unveränderte Seitwärtsbewegung, so Nordmetall-Präsident Thomas Lambusch: "Wir halten uns tapfer und es gibt auch einzelne Unternehmen mit herausragenden Ergebnissen. Aber die Masse der Betriebe tritt seit 2012 auf der Stelle. Von einem Aufschwung ist keine Spur, geschweige denn von einer Niveauverschiebung nach oben, die die Mehrheit der Unternehmen betrifft." Die Auftragsbücher garantieren im Durchschnitt Arbeit für nur drei Monate. In der Folge bleibt die Kapazitätsauslastung weiterhin 2 Punkte unter dem 10-jährigen Mittel von 87 Prozent. Die Spreizung zwischen den Branchen sei enorm. Am besten geht es dem Straßenfahrzeugbau, am trübsten ist die Lage bei Metallerzeugern und Gießereien.
41 Prozent aller befragten Unternehmen erwarten für ihre Umsätze kein Wachstum, 20 Prozent sogar Rückgänge. Umso erstaunlicher sei, dass insgesamt 78 Prozent ihre aktuelle Geschäftslage als gut oder befriedigend beurteilen. "Man scheint mit wenig zufrieden", so Lambusch. 18 Prozent der befragten Unternehmen bezeichnen ihre Lage als unbefriedigend, 4 Prozent als schlecht. Für die Hälfte der Betriebe sei der Auftragsbestand ausreichend, nur 19 Prozent empfinden ihn als relativ hoch, 31 Prozent ist er zu gering. "Das Herz der Wirtschaft schlägt in einem schwierigen Umfeld", so Lambusch.
"Die diversen Krisen von Griechenland bis zur Ukraine belasten die Stimmung im Außenhandel und die Politik belastet die Stimmung im Inland. Beides bremst Investitionen aus." Der Gesetzgeber ignoriere das Deutschland-Prinzip, nach dem Wohlstand zu allererst durch Wirtschaftskraft entstünde. "Die Große Koalition sorgt durch den Bürokratiewahnsinn beim Mindestlohn und Regulierungswut bei Zeitarbeit und Werkverträgen für unnötige zusätzliche Lasten", kritisierte Lambusch. Von kurzzeitigen Strohfeuern dürfe man sich nicht blenden lassen. Trotz niedriger Zinsen, schwachem Euro und billigem Öl sei das deutsche Wachstum im ersten Quartal 2015 schwächer als im Euroraum insgesamt. Selbst die EU-Kommission nenne die deutsche Politik wachstumsfeindlich.
Für 26 Prozent der befragten Unternehmen habe sich die Attraktivität des Standorts Deutschland in letzter Zeit verschlechtert. Bei der Frage nach erschwerenden Faktoren nennen zwei Drittel zuvorderst die Arbeitskosten - noch vor neuen Gesetzen, Material- und Energiekosten. Auch wenn nur wenige Unternehmen Verlagerungen ins Ausland planten, so seien diese mittlerweile mehrheitlich kostengetrieben, das Erobern neuer Absatzmärkte sei nachrangig. Laut Lambusch sei das Auseinanderdriften von Arbeitskosten und Produktion ein Risiko für die Wettbewerbsfähigkeit: "Seit 2008 sind unsere Stundenlöhne um 22 Prozent gestiegen. Die Menge der hergestellten Waren und Dienstleistungen ist aber nur um 3 Prozent gewachsen", so Lambusch. 92 Prozent der befragten Unternehmen könnten Kostensteigerungen nicht oder nur teilweise über Preiserhöhungen auffangen.
"Die internationale Wettbewerbsfähigkeit ist unsere Achillesferse", so Lambusch. Drei Viertel aller befragten Unternehmen würden exportieren, der Exportanteil liege im Durchschnitt bei 33 Prozent, bei einigen aber auch über 80 Prozent. "Unsere Umfrage zeigt: Je höher der Exportanteil, desto besser sind Geschäftslage und Auslastung, aber desto schwieriger sind auch Preiserhöhungen. Für 68 Prozent der Unternehmen sei das EU-Ausland das wichtigste Exportziel, gefolgt vom sonstigen Europa, den USA und China.
Weiterhin gute Nachrichten hat die Metall- und Elektroindustrie für den Arbeitsmarkt auf Lager: Ein Viertel der Betriebe plant die Schaffung zusätzlicher Stellen, wird aber nicht immer fündig. 46 Prozent bezeichnen die Verfügbarkeit von Fachkräften als unbefriedigend oder schlecht. Am schwierigsten ist die Lage nach wie vor in Mecklenburg-Vorpommern. 58 Prozent aller befragten Unternehmen wollen ihre Belegschaften stabil halten, nur 17 Prozent planen einen Stellenabbau. "Bei allen geäußerten Sorgen: Die größte scheint, mangels Personal nicht arbeitsfähig zu sein", so der Nordmetall-Präsident.
Die "M+E-Arbeitgeber im Norden" fragen ihre Mitgliedsunternehmen halbjährlich nach ihrer aktuellen Geschäftslage und den Zukunftserwartungen. In diesem Frühjahr beteiligten sich 227 Unternehmen mit zusammen 102.000 Beschäftigten.