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9.2.18: Norddeutsche Übernahmeverhandlungen: „Tarifeinigung übernommen, keine Zusatzbelastungen in der Fläche“

NORDMETALL und die IG Metall Küste haben gestern am Abend in Hamburg vereinbart, die Einigung der Tarifparteien im Pilotbezirk Baden-Württemberg auch für den Norden zu übernehmen (Einzelheiten s.u.).

<b>NORDMETALL-Präsident Thomas Lambusch</b> begrüßt die Einigung: „Die 4,3 Prozent mit Einmalzahlungen und der Einstieg in eine verstärkte Arbeitszeitflexibilität sind auch für den Norden ein Zukunftsmodell. Es wird in der Fläche keine zusätzlichen Belastungen für die norddeutsche Metall- und Elektroindustrie geben. Regionale Zusatzforderungen zu Nachtarbeitszuschlägen sowie Wasch- und Umkleidezeiten haben wir abgewehrt. So ist sichergestellt, dass die Wettbewerbsfähigkeit der M+E-Firmen an der Küste nicht weiter eingeschränkt wird“, so der NORDMETALL-Verhandlungsführer.

Lambusch betont weiter: „Sehr schade ist, dass die schon weit gediehenen Gespräche über eine Modernisierung der Manteltarifverträge nicht schon jetzt zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht werden konnten. Aber beide Seiten haben sich darauf verständigt, nach der Tarifrunde den Gesprächsfaden wieder aufzunehmen und einen neuen Anlauf zu wagen. Für uns Arbeitgeber steht dabei im Vordergrund, dass wir die Einschränkungen im Personaleinsatz, welche die Große Koalition plant, auf tariflicher Ebene ausgleichen können. Essentiell zur Wahrung der Wettbewerbsfähigkeit sind zum Beispiel flexiblere Regelungen für begründete Befristungen und eine Nutzung der Experimentierklausel zur Arbeitszeit-Verteilung. Auch brauchen wir gerade in Zeiten struktureller Umbrüche infolge der Digitalisierung mehr Spielraum, um für leistungsgeminderte Ältere adäquate Einsatzmöglichkeiten zu finden.“

Der NORDMETALL-Präsident appelliert an die Gewerkschaft, die moderne digitale Arbeitswelt konstruktiv mitzugestalten statt überkommene Regelungen aus dem vorigen Jahrhundert zu verteidigen, um gerade auch Älteren bessere Einstiegsmöglichkeiten zu eröffnen.

Die Einigung bedeutet im Einzelnen folgendes:

I.  Entgelterhöhung

<b>Laufzeit: </b>

Die Gesamtlaufzeit des Abkommens beträgt 27 Monate vom 1. Januar 2018 bis zum 31. März 2020.

<b>Pauschalbetrag: </b>

Vollzeitbeschäftigte erhalten für die ersten drei Monate im März eine Pauschalzahlung von 100 Euro. Der Pauschalbetrag für Auszubildende beträgt 70 Euro.

<b>Erhöhungen der Entgelte und Ausbildungsvergütungen: </b>

Für die Monate Januar bis März 2018 gelten die bisherigen Tabellen weiter. Mit Wirkung vom 1. April 2018 erhöhen sich die Entgelte und Ausbildungsvergütungen in einer ersten Stufe um 4,3 Prozent.

<b>Tarifliches Zusatzgeld: </b>

Im Juli 2019 gibt es einen Betrag von 400 Euro und in den Folgejahren jeweils in Höhe von 12,3 Prozent des tariflichen Eckentgelts. Dieser Betrag ist in jedem Jahr auf betrieblicher Ebene differenzierbar: Unternehmen können diesen Betrag mit Zustimmung der Tarifparteien verschieben, kürzen oder ganz ausfallen lassen. Für Auszubildende beträgt der Betrag 200 Euro.

Ab 2019 erhalten die Beschäftigten eine weitere neue Sonderzahlung von 27,5 Prozent eines Monatsverdienstes.

II.  Arbeitszeit

Von der tariflichen Wochenarbeitszeit kann sowohl nach unten wie nach oben abgewichen werden.

<b>2.1 „Nach oben“</b>

Mehr mitbestimmungsfreies Arbeitszeitvolumen:

Heute kann mit bis zu 13 Prozent der Belegschaft eine individuelle Wochenarbeitszeit von bis zu 40 Stunden vereinbart werden. Diese Quote kann auf Wunsch des Unternehmens beibehalten werden, dann ändert sich nichts am Status Quo – auch nicht daran, dass der Betriebsrat 40-Stunden-Verträgen nicht widersprechen kann.

Der Anteil kann

  • durch eine freiwillige Betriebsvereinbarung auf bis zu 25 Prozent ausweitet werden, falls ein Fachkräfteengpass vorliegt;
  • auf bis zu 45 Prozent ausgeweitet werden, falls mindestens die Hälfte der Belegschaft eines Betriebes in die Entgeltgruppe 8 eingruppiert ist.
  • In diesen Fällen gibt es schon jetzt ein Widerspruchrecht des Betriebsrates, falls die Quoten überschritten werden.

Alternativ zum bisherigen Quotensystem können Betriebe auf ein kollektives betriebliches Arbeitszeitvolumen wechseln. Aus der bisherigen Quote (35 Stunden + 13 Prozent in 40 Stunden) ergibt sich eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit der Beschäftigten von 35,7 Stunden. In diesem Modell können beliebig viele 40-Stunden-Verträge vereinbart werden, solange der Durchschnitt nicht über die 35,7 Stunden steigt.

Zudem können bei Kapazitätsengpässen zukünftig angesparte Zeitkonten auch ausgezahlt werden.

<b>1.2  </b><b>„Nach unten“</b>

<b>a)   </b><b>Verkürzte Vollzeit</b>

Beschäftigte mit einer Arbeitszeit zwischen 28 bis 40 Stunden pro Woche können ihre individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit für eine bestimmte Zeit (6 bis 24 Monate) auf bis zu 28 Stunden pro Woche reduzieren (verkürzte Vollzeit).

Dabei gilt eine Grenze von 10 Prozent der Belegschaft, der eine solche Teilzeit gewährt werden muss; für Teilzeit, die im Rahmen der gesetzlichen Regelung genommen wird, gilt ebenfalls eine Grenze von maximal 10 Prozent. Dabei haben insgesamt (aus beiden Varianten) maximal 18 Prozent Anspruch auf Teilzeit. Zudem ist eine Ablehnung aus betrieblichen Gründen möglich (z.B. beim Verlust von Schlüsselqualifikationen). Die Verteilung der Arbeitszeit kann nicht gegen den Willen des Arbeitgebers festgelegt werden.

<b>b)    </b><b>Freizeit statt zusätzlicher Sonderzahlung</b>

Bestimmte Beschäftigtengruppen können statt der neuen Sonderzahlung acht zusätzliche freie Tage wählen.

Dieses Wahlrecht können nur folgende Gruppen geltend machen:

  • Beschäftigte mit mindestens einem Kind bis zu 8 Jahren im Haushalt;
  • Beschäftigte, die einen Verwandten ersten Grades, Schwiegereltern oder Ehepartner mit mindestens Pflegestufe 1 in häuslicher Pflege betreuen;
  • Beschäftigte, die seit mindestens drei Jahren im Dreischichtbetrieb arbeiten und die und mindestens fünf Jahren Betriebszugehörigkeit aufweisen. Auch Beschäftigte, die in einem Wechselschichtsystem arbeiten, können wählen, wenn sie sieben Jahre im Betrieb sind und seit fünf Jahren in Schicht arbeiten (ab 2020).

Die Freistellung kann vom Arbeitgeber abgelehnt werden, wenn das dadurch ausfallende Arbeitsvolumen nicht mit gleicher Qualifikation intern ausgeglichen werden kann!

III.  Sonstiges

  • Einen zusätzlichen Freistellungstag für Auszubildende vor Prüfungstagen.
  • Tarifliche Rahmenregelung für freiwillige Betriebsvereinbarungen zu „Mobilem Arbeiten“.
  • Selbstverpflichtung zur Modernisierung und zeitgemäßen sowie rechtssicheren Anpassung der drei bestehenden Manteltarifverträge an der Küste mit dem Ziel, sie zum 1. Januar 2019 in einen einheitlichen Manteltarifvertrag für alle drei Tarifgebiete zu überführen.


Die NORDMETALL-Mitgliederversammlung entscheidet am <b>22. Februar</b> in Hamburg abschließend über die endgültige Annahme des Tarifvertrags.